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Prof. Dr. Thomas Apolte

Von Quotengerechtigkeit, Gender-Mainstreaming und anderen Glaubensbekenntnissen


Es ist an sich nichts ungewöhnliches, wenn Politiker oder – wie im vorliegenden Falle – Politikerinnen versuchen, sich gegenseitig die Themen wegzuschnappen. Aber dass die Ministerinnen von der Leyen und Köhler sich gegenseitig das Verdienst über die Einführung einer Frauenquote für Vorstände und Aufsichtsräte in Unternehmen abzujagen versuchen, deutet schon darauf hin, um welche Art von Thema es sich handelt: um eines, mit dem sich ordentlich Stimmung machen lässt. Frau Köhler arbeitet an einer Regelung, die darauf hinausläuft, dass Unternehmen Selbstverpflichtungen eingehen und dabei die individuelle Lage des Unternehmens und seines Umfeldes immerhin noch berücksichtigen dürfen. Offenbar sah sich Frau von der Leyen im Anschluss genötigt, eine solche Regelung mit einer fixen Quote von 30 Prozent zu toppen – unnötig zu sagen, dass sie wie stets allein im Dienst der guten Sache unterwegs war. Und nun wurden sie beide von Frau Merkel höchstselbst zurückgepfiffen, um den Unternehmen „erst einmal“ mehr Zeit zu geben, ihre Frauenquote zu erhöhen.

Das gibt auch uns ein bisschen Zeit, noch einmal grundsätzlich über die Dinge nachzudenken. Aber bei so viel Stimmung traut man sich gerade als männlicher Kommentator kaum, seine Zeilen ohne eine vorweggeschickte Beteuerung einzuleiten, etwa so: Nein, ich bin nicht für die Restauration männlicher Macht, ich bin nicht der Meinung, dass Führungsetagen von Unternehmen in männlicher Hand sein sollten, und ich bin ganz generell nicht der Meinung, dass Frauen in irgendeiner Weise benachteiligt gehören oder dass dies überhaupt auch nur zu dulden sei in unserer Gesellschaft. Und mehr als das: Die Tatsache, dass Frauen es gerade in Deutschland in vielfältiger Weise schwerer haben, beruflich voranzukommen, ist ganz und gar unbefriedigend und lässt Deutschland im internationalen Vergleich in dieser Hinsicht wahrlich nicht rosig erscheinen. So sieht der Kommentator das, aus innerster Überzeugung, und damit sind wir gleich bei der Symptomatik des Problems angelangt, welche in der Tat aufhorchen lässt: Die Führungspositionen deutscher Unternehmen sind ganz überwiegend durch Männer besetzt. So beträgt der Frauenanteil in deutschen Vorständen gerade einmal zwei Prozent, damit ist er so hoch wie in Indien und niedriger als im patriarchalischen Russland. In Schweden liegt er dagegen bei immerhin 17 Prozent.

An diesen Daten ist nicht zu rütteln. Und doch, auch wenn man es sich kaum zu schreiben traut, muss die Frage erlaubt sein: Für was genau sind diese Daten eigentlich Symptom? Was zeigen sie an? Könnte es irgendwelche Zweifel daran geben, dass wir hier das Symptom einer fortdauernden Verletzung des Artikels 3 Grundgesetz beobachten? Kann man ernsthaft bezweifeln, dass hier ein Tatbestand vorliegt, welcher die staatlichen Autoritäten im Sinne des Grundgesetzes dazu verpflichtet, über die Gleichbehandlung der Geschlechter auf staatlicher Ebene hinaus auf eine „tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung“ von Mann und Frau aktiv hinzuwirken, wie es vor allem Ministerin von der Leyen unter Verweis auf den Absatz 2 des Artikels 3 Grundgesetz fordert? Schließlich ganz konkret: Kann es angesichts der überwältigen Evidenz noch irgendeinen ernsthaften Zweifel daran geben, dass das Rekrutierungssystem für Führungskräfte in Deutschland nach wie vor die Frauen benachteiligt? Die Antwort lautet ja, es gibt sogar sehr ernste Zweifel, und das folgt nicht aus männlichem Machtstreben, sondern aus schlichter Logik. Um dies zu sehen, müssen wir uns zunächst die infrage kommenden Ursachen für den geringen Frauenanteil in Führungspositionen in Deutschland ansehen. Es sind die folgenden:

1. Es gibt zwar genügend weibliche Bewerber, aber Männer werden nach wie vor bevorzugt berücksichtigt.

2. Es gab in der Vergangenheit zwar stets genügend weibliche Bewerber, aber Männer wurden in der Vergangenheit bevorzugt berücksichtigt.

3. Es gab in der Vergangenheit und vielleicht auch bis heute nicht genügend weibliche Bewerber für die betreffenden Positionen. Die Hauptgründe sind, je nach spezifischer Situation, die Rollenverteilung in der Familie oder in bestimmten Branchen durchaus auch eine geschlechtsspezifische Berufswahl.  

Von diesen drei möglichen Ursachen beruht nur eine auf einer heute noch bestehenden Diskriminierung, welche mit Hilfe einer Quote grundsätzlich bekämpft werden kann. Dies ist die erste. Nun möchte man aber vielleicht auch dann noch für eine Quote optieren, wenn diese Diskriminierung selbst heute nicht mehr vorliegt, weil die Symptome in der Form kleiner Anteile weiblich besetzter Positionen fälschlicherweise als eine fortbestehende Diskriminierung gedeutet werden oder gedeutet werden könnten. Würde man Unternehmen auf der Basis dieser Symptome aber bestrafen, so wäre es wie ein Bußgeld bei fehlerhafter Radarmessung, welche unbestrittener Weise rechtswidrig wäre. Denn man muss zwei Dinge zur Kenntnis nehmen, wenn man trotz fehlender Ursache eins für die Quote optiert: Erstens kämpft man, wenn man dies tut, gegen eine Diskriminierung, welche entweder gar nicht mehr oder an ganz anderer Stelle besteht; und zweitens führt man damit eine neue Diskriminierung ein, die ihrerseits dann doch eindeutig gegen den Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes verstößt. Letzteres lässt sich unter Beachtung der Gesetze der Logik auch nicht als Ausgleich für andere Diskriminierungen rechtfertigen, denn im Ergebnis hat man weder Personen bevorzugt, die früher oder an anderer Stelle benachteiligt wurden, noch Personen benachteiligt, die früher oder an anderer Stelle bevorzugt wurden. Es wird im Gegenteil allein das – nur noch eine Weile fortlebende – statistische Symptom vergangener Diskriminierungen bekämpft wie der nächtlich funkelnde Punkt eines erloschenen Sterns. Letzteres wäre zwar sinnlos, aber vielleicht noch nicht ganz so schlimm, wenn man sich hierzu nicht per staatlicher Zwangsgewalt des Instruments neuer Diskriminierungen und des neuerlichen Verstoßes gegen den Artikel 3 Grundgesetz bedienen würde, den jeder sehen kann, wer nur bereit ist, sehen zu wollen.

Der ganze Artikel 3 des Grundgesetzes kann vernünftigerweise nur als eine Vorschrift interpretiert werden, welche gleiche Chancen für alle Bürgerinnen und Bürger fordert. So wird er grundsätzlich auch überall gesehen. Nimmt man die dort enthaltene Forderung nach Chancengleichheit aber ernst, so kann eine neuerliche Diskriminierung zur Bekämpfung nicht mehr bestehender oder an anderer Stelle bestehender Diskriminierungen schon aus logischen Gründen nicht schon deshalb zu billigen sein, weil sie Menschen desjenigen Geschlechts trifft, deren frühere Vertreter früher einmal bevorzugt wurden. Da hilft es auch nichts, wenn eine solche Diskriminierung im Namen der Gleichstellung geschieht; es weist dann lediglich auf eine erfolgte Perversion des Begriffes selbst hin.

Man bedenke, dass den obigen Ausführungen nur ein einziges wertendes Element zugrunde liegt, und zwar das Chancengleichheitsgebot des Artikel 3 Grundgesetz. Der Rest folgt ohne jede weitere Wertung reiner Sachlogik. Damit beinhalten diese Ausführungen auch kein Argument gegen aktive Gleichstellungsbemühungen an anderer Stelle, etwa im Zusammenhang mit der Rollenzuweisung in der Kinderbetreuung. Aber dort bestehenden Problemen durch das „Gegengift“ einer Quote begegnen zu wollen, um Frauen beispielsweise an dieser Stelle zu bevorzugen, damit der Nachteil in der Kinderbetreuung ausgeglichen wird, funktioniert nicht und erhöht im Gegenteil den Grad an Diskriminierungen in der Gesellschaft gleich in zweierlei Hinsicht. Es ist erstens in Wahrheit kein Gegengift, sondern ein Giftverstärker, weil es in hohem Maße Frauen, die kein Kinderbetreuungsproblem haben, gegenüber jenen Frauen bevorzugt, die es doch haben. Und mit aller Vorsicht sei angemerkt, dass es auch Männer diskriminiert. Es behält also erstens die bestehende Diskriminierung aufrecht und ist damit insoweit sinnlos, und es fügt zweitens gleich zwei weitere Diskriminierungen hinzu, und alles das im Namen einer mit Blick auf die Ziele des Artikel 3 GG bedeutungslosen Veränderung der Statistik.

Fassen wir zusammen, so müssen Befürworter einer Quote, wenn sie konsistent im Namen der Chancengleichheit des Artikel 3 argumentieren möchten, mit Anspruch auf Wahrheit behaupten können, dass geringen Frauenanteile in Führungspositionen:

1. auf eine heute noch bestehende Bevorzugung von Männern bei der Besetzung dieser Positionen zurückzuführen sind, obwohl genügend Frauen für die betreffenden Positionen zur Verfügung stehen; und

2. nicht die Nachwirkung einer solchen Bevorzugung in der Vergangenheit sind; und

3. nicht die Nebenwirkung von Effekten sind, die an anderer Stelle bestehen, etwa schlechter als in Skandinavien gelöste Probleme in der Kinderbetreuung, ein in der Erziehung begründetes Rollenverhalten oder ähnliches.

Wie wahrscheinlich ist dieser Fall? Lassen wir einmal kurz den Blick über die Hörsäle und Ausbildungsstätten schweifen, so finden wir auffällige Geschlechterdifferenzen. Richten wir den Blick dann weiter in die Berufswelt, so finden wir einen Spiegel der Hörsäle und Ausbildungsstätten. Nehmen wir den Nachhall von Diskriminierungen alter patriarchalischer Zeiten sowie die in Deutschland nur langsam wandelnde Rollenverteilung in der Familie hinzu – die man je nach Wertehaltung beklagen oder nicht beklagen mag, die aber mit der Quote nicht beeinflusst wird –, so haben wir alle Evidenz, die wir brauchen, um das Phänomen der geringen Frauenanteile zu erklären. Natürlich kann und wird es hier und da Diskriminierungen von Frauen noch immer geben, wer will das ausschließen? Aber wir können solche Diskriminierungen seriöser Weise aus den geringen Frauenanteilen nicht schließen. Es ist nicht einmal unwahrscheinlich, dass in vielen Bereichen inzwischen die Männer recht massiv benachteiligt werden, was ja nichts weiter ist als die Kehrseite der Münze einer „bevorzugten Berücksichtigung von Frauen“, die heute in keiner Stellenausschreibung unerwähnt bleiben darf, welche nicht vor Gericht landen soll. Noch offener kann man eine Diskriminierung doch gar nicht zugestehen. 

So sinnlos und diskriminierend es ist, mit der Quote die nachhallende Statistik vergangener Diskriminierungen zu trimmen, so sinnlos ist es aber auch, mit Hilfe von Diskriminierungen andere Ursachen dieser statistischen Artefakte zu bekämpfen, etwa eine geschlechtsspezifisch unterschiedliche Wahl von Berufen und Studienrichtungen. Was immer wiederum deren Ursachen sind, so haben sie alle gemein, dass sie nicht mit dem jeweiligen Hochschulzugang zusammenhängen. Gleichwohl werden Fakultäten mit niedrigem Anteil weiblicher Studierender offiziell unter Druck gesetzt mit dem Ziel, den Anteil weiblicher Studierender zu erhöhen, was manchen Zuständigen an den Universitäten zu der verzweifelten Frage treibt: „Wo in aller Welt soll ich die Studienbewerberinnen oder Doktorandinnen nur hernehmen?“ Und was im Anschluss nicht selten zu der Antwort von „oben“ führt: „Dann muss man sich mal Mühe geben“. Aber Mühe allein genügt bekanntlich nicht. Was muss also dazu kommen? Das kann nur ein mehr oder weniger offener Eingriff in die freie Berufs- und Studienfachwahl sein, denn man wird die Chancen auf einen Studienplatz für die wenigen Bewerberinnen in einem typischen „Männerfach“ wie Maschinenbau oder Informatik höher ansetzen müssen als jene der männlichen Mitbewerber. Anders geht es nicht.

Da aber selbst die Diskriminierung an dieser Stelle nur allzu offensichtlich ist, gibt es wiederum nur einen Weg, um ihn zu verkleistern: Man muss die Freiwilligkeit der heutigen Berufs- und Studienfachwahl in Zweifel ziehen. Und hierzu hat man auch gleich die nötige Theorie zur Hand. Dabei handelt es sich um die Theorie des Gender Mainstreaming, das ist eine monströse Verschwörungstheorie, welche behauptet, dass Mädchen und Jungen (spätestens!) von Geburt an in einen von Männern gezielt manipulierten Prozess der „Konstruktion gesellschaftlicher Wirklichkeit“ verstrickt werden, welcher sie auf einen vorbestimmten Pfad geschlechtsspezifischer Rollenmuster zwingt. „Gender“ ist insoweit gesellschaftlich „konstruiert“ und unterscheidet sich darin vom physischen Geschlecht, welches sich zwar wegoperieren, aber nicht wegdiskutieren und auch nicht „diskursiv dekonstruieren“ lässt. Den modernen Erkenntnisstand der Hirnforschung und der Evolutionsbiologie schlicht in den Wind schlagend wird jedenfalls die Behauptung zum Dogma erklärt, dass ausschließlich das gesellschaftlich konstruierte Gender und nicht das physische Geschlecht das Rollenverhalten bestimmt. Daher folgt aus dem Dogma auch, dass es keine verhaltensbiologischen Unterschiede zwischen weiblichen und männlichen Gehirnen gibt, aus welchen irgendwelche geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Ausbildungs- und Studienfachwahl resultieren könnten. Und so dürfen alle erkennbaren Verhaltensspezifika von Männern und Frauen an nichts anderem als an der „Konstruktion gesellschaftlicher Wirklichkeit“ liegen.

Damit ist auch die Berufs- und Studienfachwahl nicht mehr wirklich freiwillig, sondern von langer Hand manipuliert. Klar, dass den hilf- und willenlosen Geschöpfen solch perfider Machenschaften zunächst einmal der Weg zu ihren „wirklichen“ Präferenzen bei Berufs- und Studienfachwahl gewiesen werden muss, damit überhaupt erst einmal die Voraussetzung für eine „wahre“ Gleichstellung geschaffen werden. Für uns bleibt aber festzuhalten, dass die Gender-Mainstreaming-Theorie keine Theorie im erkenntnistheoretischen Sinne ist, sondern alle Zutaten zu einer waschechten Ideologie aufweist: erstens beinhaltet sie eine tautologisierende Verschwörungstheorie, wonach Männer den Prozess der „gesellschaftlichen Konstruktion von Wirklichkeit“ steuern, weil es (angeblich) in ihrem Interesse ist, ihn zu steuern; zweitens enthält sie die von dem großen Philosophen Karl Popper als Relativismus bezeichnende Behauptung, dass alle Wirklichkeit nur konstruiert sei, es somit keine objektive Wahrheit gebe und damit aber auch jede „Konstruktion“ von Wirklichkeit subjektiv und daher nach Bedarf anzunehmen oder abzulehnen ist – je nach dem Standpunkt, den man sich konstruiert hat. Mit diesem Trick lässt sich jeder Unsinn zur wissenschaftlichen Theorie erheben und umgekehrt jede wissenschaftliche Erkenntnis zur subjektiven Geschichtenerzählerei. Schließlich ist die Gender-Mainstreaming-Theorie gegenüber jedem Widerlegungsversuch immun, weil jeder Hinweis auf ihre empirische Unrichtigkeit durch seine bloße Existenz schon Beweis dafür ist, dass er auf einer anderen als der Gender-Mainstreaming-Konstruktion von Wirklichkeit beruht. Der zufällige Umstand, dass man die Evolutionsbiologen immer mal hübsch über die Schwelle zum Rassismusverdacht schubsen kann, leistet hier gute Dienste – der von den Gender-Forschern hierzu konstruierte Fachbegriff heißt „Biologismus“.

Die Gender-Mainstreaming-Theorie ist damit in ihrer ganzen Anlage auf einer Stufe mit anderen Ideologien zu sehen, zum Beispiel auch mit der „Kreationstheorie“, welche religiöse Eiferer auf eine Stufe mit der Evolutionstheorie stellen und auch dies ihren Mitmenschen aufzwingen wollen. In diesem Sinne wäre das alles genau dann harmlose Spinnerei, wenn nicht an allen Enden der Gesellschaft ein explizites, nicht selten schriftliches Bekenntnis zu dieser als wissenschaftliche Theorie verbrämten Ideologie verlangt würde – beispielsweise durch den Einbau von Gender-Mainstreaming-Konzepten in alle Formen von Projektanträgen, Akkreditierungen und Evaluierungen an Universitäten –, und wenn man nicht versuchen würde, auf der vermeintlichen Legitimationsbasis dieser Ideologie die Wünsche, Entscheidungen und Chancen von Menschen zu manipulieren und ihnen damit schlicht die persönliche Urteilsfähigkeit abzusprechen.

Im Gegensatz dazu folgt der Nachweis der Sinnlosigkeit bis Schädlichkeit von Quoten einer ebenso leicht nachvollziehbaren wie unausweichlichen Logik, sofern man nur das Chancengleichheitsgebot des Artikel 3 akzeptiert – was angeblich alle Quotenfreunde tun. Und auch wenn es die Freunde beliebig konstruierbarer Wirklichkeiten nicht gern hören: Logik ist auch und gerade dann unabdingbar, wenn wir uns in Fragen wie den hier zur Diskussion stehenden nicht versehentlich für Maßnahmen einsetzen wollen, die gar nicht aus unseren eigenen ethischen Prinzipien folgen, sondern ihnen im Gegenteil sogar widersprechen. Aber genau diesem Fehler sitzen die Quotenfreunde auf: Wer nur einmal genau hinsieht, muss sofort feststellen, dass Quoten ein Instrument sind, welches nicht nur nicht aus dem Prinzip der Chancengleichheit folgt, sondern welches diesem im Gegenteil diametral zuwider läuft. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass sie Chancenungleichheit im Namen der Chancengleichheit schafft und damit den Begriff der Chancengleichheit pervertiert.

Aber wieso schiebt kein Verfassungsgericht einem Treiben einen Riegel vor, welches den fundmentalen Verfassungsgrundsatz der Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz außer Kraft setzt? Wieso verpflichten sich gestandene Wissenschaftler in ihren Forschungsanträgen sowie renommierte Universitäten und Forschungseinrichtungen in ihren Selbstbeschreibungen und Mission Statements auf jene nur vermeintlichen Frauenförderprogramme, welche im Ergebnis auf Diskriminierungen hinauslaufen, die jeder sehen kann, der nur will? Wieso bestehen nicht gerade sie auf anderen Programmen, auf Programmen, die ihnen nicht vorgesetzt wurden, sondern solchen, die das Problem da anpacken, wo es seine Ursache hat? Wie kann es sein, dass jemand, der ein Forschungsprojekt beantragt, eine Forschungseinrichtung gründen oder einen Studiengang starten will, sich schriftlich verpflichten muss auf ein Programm, welches explizit auf der Gender-Mainstreaming-Ideologie beruht? Würde er auch im Namen der Kreationstheorie unterschreiben, wenn das für den Antrag gefordert wäre? Etwa in diesem Stil: „Unser Projekt wird flankiert von einem ausführlich dokumentierten und evaluierten Konzept auf der Basis der Gender-Mainstreaming-Theorie sowie der Kreationstheorie“?

Wie kann es sein, dass gerade die, die es besser wissen müssen, sich so etwas bieten lassen, und das in einem Land, welches fast ein Jahrhundert lang von Ideologien gepeinigt wurde? Wieso hat keiner von ihnen den Schneid, offen Einspruch zu erheben, wenn er als angeblich unabhängiger Forscher im Rahmen von Anträgen aller Art bekenntnispflichtig gemacht wird zu einer plumpen Ideologie? Wenn er im Anschluss zu Maßnahmen genötigt wird, welche durch Anwendung einfacher Logik als unvereinbar mit dem Grundgesetz zu erkennen sind und welche die zugrunde liegenden Diskriminierungen nicht beseitigt, sondern im Gegenteil weitere Diskriminierungen hinzufügen? Kann es sein, dass Häresie noch heute zur Ablehnung von Forschungsaufträgen und zur Kürzung von öffentlichen Forschungsfördermitteln führt? Und kann es sein, dass wir gerade dabei sind, das alles auch auf die Führungsetage privater Unternehmen zu übertragen? Kann es schließlich sein, dass man heute noch seinen Ruf riskiert, weil man das rechte Glaubensbekenntnis verweigert? Und wenn die Antwort ja lautet, was trennt uns denn eigentlich vom Mittelalter? Ach ja, der ganze Irrsinn wird nicht mehr auf dem Marktplatz verkündet, sondern über das Internet verbreitet, mit Bildchen von Ministerinnen, die um das Erstverwertungsrecht der frohen Botschaft wetteifern und den Ungläubigen mit ewiger Verdammnis oder doch zumindest mit Bußgeldern drohen. Gut, das ist ein Unterschied, das wäre zuzugeben.



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